Samstag, 14. Januar 2012

Intensive Erfahrungen

Gestern Nachmittag wurde wieder an mir rumgeschnibbelt. Ein Führungsdraht wurde durch den Shaldon-Katheter eingeführt, der Katheter aus der Jugularvene entfernt, über den Führungsdraht der Demers-Katheter eingefädelt und subkutan aus der Brust unterhalb des Schlüsselbeins herausgeführt und schließlich noch ein Shunt, ein arteriell-venöser Kurzschluss im linken Unterarm, angelegt. Das ganze erfolgte unter Vollnarkose; bei der Einleitung der Narkose habe ich es gerade noch geschafft, von "100" bis "85" rückwärts zu zählen, bevor meine Sinne schwanden.

Um so intensiver habe ich mein Leiden auf der Intensivstation nach dem Wiedererlangen meines Bewusstseins erlebt. In einem separaten Raum, abgeschirmt von Pflegern und Krankenschwestern, mit bandagiertem linken Unterarm und Braunüle in der rechten Ellenbeuge fühlte ich mich zur Bewegungslosigkeit verdammt. Das Patientenhemd bedeckte nur einen Teil meines Oberkörpers, mir war kalt. Ein Alarmknopf war nicht auszumachen. Die einzige Möglichkeit, um auf mich aufmerksam zu machen, bestand im Rufen. Nach einiger Zeit hörte ich nur ein "Haben Sie Geduld; wir kommen gleich" in der Türlaibung. Das ist genau die Reaktion, die man sich in solch einer Situation erhofft ...

Während eines Schüttelfrostanfalls bemühte sich ein Pfleger ("Hansi") doch noch in mein Zimmer, bedeckte mich hastig und verabschiedete sich mit einem "Sie haben keine Schmerzen. Also brauchen Sie auch nicht so zu markieren. Jetzt kommen Sie mal runter!". Empathie mit leidenden Patienten sieht für mich anders aus ...

Irgendwann, gegen 22:55 Uhr, kam "meine zuständige" Krankenschwester doch noch zu mir und begann mit einem "Wir haben noch 11 Patienten, Sie sind der Letzte. Und allen anderen geht es schlechter als Ihnen!" ihre Aktivitäten rund um mein Bett. Auf meine Bitte nach einem Alarmknopf erfolgte keine Reaktion.

Alarmknopflos blieb mir später keine andere Wahl, als das Oxymeter von meiner Fingerkuppe abzuziehen und somit einen Alarm auszulösen. Als sich nach einer halben Stunde danach immer noch kein Pfleger blicken ließ, bin ich ermattet eingeschlafen. Heute gegen 06:30 habe ich dann wieder einen Pfleger wahrgenommen, als er eine volle Flasche Malat-Lösung, die die gesamte Nacht über an meiner Braunüle angeschlossen war, vom Infusionsträger nahm und wegwarf. Man hatte offenbar vergessen, die Rollklemme des Durchflussreglers zu öffnen.

Ich habe schon einige Erfahrungen in Intensivstationen sammeln müssen. Solch eine wenig ausgeprägte Patientenorientierung wie auf dieser Station in diesem Krankenhaus ist mir dabei bisher noch nicht begegnet. Vielleicht bin ich auch deshalb leicht erschüttert, weil diese Einstellung in einem so großen Gegensatz zur von mir erlebten Haltung des Pflegepersonals auf den anderen Stationen steht.

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